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unterhielten, hatte die uebrige Gesellschaft ein ernsthaftes Gespraech angefangen.
Kaum hatten Friedrich und Wilhelm sich entfernt, als der Abbe die Freunde unvermerkt
in einen Gartensaal fuehrte und, als sie Platz genommen hatten, seinen Vortrag
begann.
"Wir haben", sagte er, "im allgemeinen behauptet, dass Fraeulein Therese nicht die
Tochter ihrer Mutter sei; es ist noetig, dass wir uns hierueber auch nun im einzelnen
erklaeren. Hier ist die Geschichte, die ich sodann auf alle Weise zu belegen und zu
beweisen mich erbiete.
Frau von *** lebte die ersten Jahre ihres Ehestandes mit ihrem Gemahl in dem besten
Vernehmen, nur hatten sie das Unglueck, dass die Kinder, zu denen einigemal
Hoffnung war, tot zur Welt kamen und bei dem dritten die aerzte der Mutter beinahe den
Tod verkuendigten und ihn bei einem folgenden als ganz unvermeidlich weissagten.
Man war genoetigt, sich zu entschliessen, man wollte das Eheband nicht aufheben,
man befand sich, buergerlich genommen, zu wohl. Frau von *** suchte in der
Ausbildung ihres Geistes, in einer gewissen Repraesentation, in den Freuden der
Eitelkeit eine Art von Entschaedigung fuer das Mutterglueck, das ihr versagt war. Sie
sah ihrem Gemahl mit sehr viel Heiterkeit nach, als er Neigung zu einem Frauenzimmer
fasste, welche die ganze Haushaltung versah, eine schoene Gestalt und einen sehr
soliden Charakter hatte. Frau von *** bot nach kurzer Zeit einer Einrichtung selbst die
Haende, nach welcher das gute Maedchen sich Theresens Vater ueberliess, in der
Besorgung des Hauswesens fortfuhr und gegen die Frau vom Hause fast noch mehr
Dienstfertigkeit und Ergebung als vorher bezeigte.
Nach einiger Zeit erklaerte sie sich guter Hoffnung, und die beiden Eheleute kamen bei
dieser Gelegenheit, obwohl aus ganz verschiedenen Anlaessen, auf einerlei Gedanken.
Herr von *** wuenschte das Kind seiner Geliebten als sein rechtmaessiges im Hause
einzufuehren, und Frau von ***, verdriesslich, dass durch die Indiskretion ihres Arztes
ihr Zustand in der Nachbarschaft hatte verlauten wollen, dachte durch ein
untergeschobenes Kind sich wieder in Ansehn zu setzen und durch eine solche
Nachgiebigkeit ein uebergewicht im Hause zu erhalten, das sie unter den uebrigen
Umstaenden zu verlieren fuerchtete. Sie war zurueckhaltender als ihr Gemahl, sie
merkte ihm seinen Wunsch ab und wusste, ohne ihm entgegenzugehn, eine Erklaerung
zu erleichtern. Sie machte ihre Bedingungen und erhielt fast alles, was sie verlangte,
und so entstand das Testament, worin so wenig fuer das Kind gesorgt zu sein schien.
Der alte Arzt war gestorben, man wendete sich an einen jungen, taetigen, gescheiten
Mann, er ward gut belohnt, und er konnte selbst eine Ehre darin suchen, die
Unschicklichkeit und uebereilung seines abgeschiedenen Kollegen ins Licht zu setzen
und zu verbessern. Die wahre Mutter willigte nicht ungern ein, man spielte die
Verstellung sehr gut, Therese kam zur Welt und wurde einer Stiefmutter zugeeignet,
indes ihre wahre Mutter ein Opfer dieser Verstellung ward, indem sie sich zu frueh
wieder herauswagte, starb und den guten Mann trostlos hinterliess.
Frau von *** hatte indessen ganz ihre Absicht erreicht, sie hatte vor den Augen der Welt
ein liebenswuerdiges Kind, mit dem sie uebertrieben parodierte, sie war zugleich eine
Nebenbuhlerin losgeworden, deren Verhaeltnis sie denn doch mit neidischen Augen
ansah und deren Einfluss sie, fuer die Zukunft wenigstens, heimlich fuerchtete; sie
ueberhaeufte das Kind mit Zaertlichkeit und wusste ihren Gemahl in vertraulichen
Stunden durch eine so lebhafte Teilnahme an seinem Verlust dergestalt an sich zu
ziehen, dass er sich ihr, man kann wohl sagen, ganz ergab, sein Glueck und das
Glueck seines Kindes in ihre Haende legte und kaum kurze Zeit vor seinem Tode, und
noch gewissermassen nur durch seine erwachsene Tochter, wieder Herr im Hause
ward. Das war, schoene Therese, das Geheimnis, das Ihnen Ihr kranker Vater
wahrscheinlich so gern entdeckt haette, das ist's, was ich Ihnen jetzt, eben da der junge
Freund, der durch die sonderbarste Verknuepfung von der Welt Ihr Braeutigam
geworden ist, in der Gesellschaft fehlt, umstaendlich vorlegen wollte. Hier sind die
Papiere, die aufs strengste beweisen, was ich behauptet habe. Sie werden daraus
zugleich erfahren, wie lange ich schon dieser Entdeckung auf der Spur war und wie ich
doch erst jetzt zur Gewissheit kommen konnte; wie ich nicht wagte, meinem Freund
etwas von der Moeglichkeit des Gluecks zu sagen, da es ihn zu tief gekraenkt haben
wuerde, wenn diese Hoffnung zum zweiten Male verschwunden waere. Sie werden
Lydiens Argwohn begreifen: denn ich gestehe gern, dass ich die Neigung unseres
Freundes zu diesem guten Maedchen keineswegs beguenstigte, seitdem ich seiner
Verbindung mit Theresen wieder entgegensah."
Niemand erwiderte etwas auf diese Geschichte. Die Frauenzimmer gaben die Papiere
nach einigen Tagen zurueck, ohne derselben weiter zu erwaehnen. [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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